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Peter Hollo: Schon mal über Ihren Purpose nachgedacht?

In den Jahren 1917 und 1918 spielte sich in den USA ein bemerkenswerter Rechtsstreit ab. Ein Rechtsstreit, der das Verhalten von Aktiengesellschaften im Besonderen und das aller anderen Unternehmen in marktwirtschaftlich kapitalistischen Systemen prägen sollte - bis heute. 

 

Die Gebrüder John Francis und Horace Elgin Dodge, die im Jahre 1906 den Automobilfabrikanten Henry Ford mit 10.500 Dollar bei der Unternehmensgründung unterstützt hatten,  verklagten ihn 1917 vor dem Obersten Gerichtshof von Michigan. Was war geschehen? Henry Ford war der Meinung, dass ein Unternehmen nicht nur eine Gewinnquelle sein sollte. Er bezahlte seinen Arbeitern überdurchschnittliche Löhne und belohnte Kunden mit Preissenkungen. All das schmälerte selbstverständlich die Dividende des Unternehmens. Ein Umstand, welchen die Dodge Brüder so nicht hinnehmen wollten. Denn sie hatten mittlerweile eine eigene Autofabrik gebaut und taten nun alles um den Konkurrenten Ford zu schwächen.

 

Während der Verhandlung versuchte Henry Ford das Gericht davon zu überzeugen, "dass ein Unternehmen eine Dienstleistung und keine Goldgrube sei" und ein Unternehmen nicht nur darauf bedacht sein sollte Geld zu verdienen. Dafür erteilte der Oberste Gerichtshof von Michigan Henry Ford nicht nur einen scharfen Verweis, sondern sprach den Dodge Brüdern eine Dividende in Höhe von 1,9 Millionen Dollar zu. Mit einem bemerkenswerten Satz in der Urteilsbegründung: „Ein Unternehmen ist zuerst dazu da, einen Gewinn für seine Aktionäre zu erwirtschaften.“ Seitdem haben an diesem Prinzip nur noch wenige Unternehmen gerüttelt. Gerade in Aktiengesellschaften hat das Streben nach Macht und Geld, und nach dem Wohlergehen der Aktionäre, schon pathologische Züge entwickelt.

 

Henry Ford, also ein Sozialist und Utopist, gefangen im Körper eines Industriemagnaten? Vielleicht eher nicht. Zum einen war seine Sicht auf seine Arbeiterinnen und Arbeiter doch eher patriarchalisch - die einer Person, welche die guten Kinder belohnte und die schlechten hart bestrafte. Auch sein Projekt Fordlandia im Regenwald Südamerikas ein waghalsiges soziales Experiment mit Imperialismuscharakter. Und zum anderen war er überzeugter Antisemit und ein Bewunderer Hitlers, welcher ihm im Jahre 1938 eine besondere Auszeichnung verleihen ließ. Damit war er in der amerikanischen Gesellschaft nicht alleine, denn eine nicht geringe Zahl der Mächtigen liebäugelte besonders in den 1930er Jahren mit den Nationalsozialisten. Dazu gehörte der Zeitungszar William Randolph Hearst genauso, wie die Gerüchte über einen amerikanischen Medienunternehmer, dessen Trickfilme angeblich zu den Lieblingsfilmen des Führers gehörten. Die USA in diesem Bereich, ...noch weit von echter Aufarbeitung ihrer eigenen Geschichte entfernt. Das aber nur als kleiner Exkurs - sorry, manchmal werde ich von meinen Gedanken einfach weggetragen.

 

"Ein Unternehmen ist zuerst dazu da, einen Gewinn (für seine Aktionäre) zu erwirtschaften." Ein Unternehmenszweck, der in moderenen Gesellschaften immer wieder in Frage gestellt wird. Viel ist die letzten Monate über Purpose Driven Marketing zu hören. Einem der ganz großen Buzzwords für das Jahr 2020. Wie der Name es schon sagt, stellt das zweckgetriebene Marketing (Purpose Driven Marketing) den Zweck eines Unternehmens in den Vordergrund der eigenen Kommunikation. Kurz zusammengefasst: jeden erdenklichen Zweck - möglichst einen gesellschaftlich zeitgeistig relevanten - außer der den, der eigenen Profitsteigerung.  

 

Und darüber möchte ich mich keinesfalls lustig machen, wenn dieses Purpose Driven Marketing ehrlich, authentisch und wirklich relevant daher kommt und nicht nur zum moralischen Greenwashing dient. Wenn Themen wie Nachhaltigkeit, Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit, Empathie und Verantwortung für die nachkommenden Generationen nicht nur Themen für eine finanziell gut situierte bürgerliche Bildungselite sind, sondern ein tatsächlich breit angelegtes Massenphänomen, dann hat Purpose Driven Marketing die Chance zu dem wirklich heißen Schyce der nächsten Jahre zu werden.

 

Und selbst wenn nicht, wäre es nicht schön als Unternehmen etwas sinnstiftendes zu initiieren? Gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen und nicht als bloßer Inkubator des Kapitals zu fungieren? Ich denke schon. Gerade die Spielwarenindustrie ist prädestiniert dafür. Wollen Sie nicht vielleicht ein Unternehmen sein, dass das Leben von Kindern verbessert, die Gesellschaft oder sogar die ganze Welt? Und das meine ich weit über einen stumpfen Marketingclaim hinaus - sondern getrieben von echtem Interesse und echtem Veränderungswillen. Ich finde das einen guten Gedanken, der sehr gut in das postindustrielle Zeitalter passt. Gerade die globalen Multis hätten die Macht dazu, die Macht echte Veränderungen anzustoßen. Aber nicht nur die. Veränderung spielt sich schon im ganz kleinen ab. Bei uns selbst. Lassen Sie uns das angehen!

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